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Regierungsräte und Landammänner von Gersau
(von Albert Müller Zug)
Natürlich muss am Anfang dieses Artikels über die nach 1848 gewählten Regierungsräte und Landammänner von Gersau an die frühere Zeit erinnert werden; denn das kleine Dorf am Ländersee bildete ja als Republik ein historisches Unikum in der Schweiz.  Die Dorfschaft, damals - abgesehen von schmalen Wegen - nur vom See her erreichbar, kaufte sich am 3. Juni 1390 mit einer beträchtlichen Summe aus einer Vogteiherrschaft los und wurde damit eine freie, unverpfändbare Gemeinde. Zugleich war Gersau seit 1359 ein Zugewandter Ort im Bündnisverbund mit Uri, Schwyz, Unterwalden und Luzern. In der Loskaufurkunde von 1390 werden u.a. ein Rudolph Truchseler, zur Zeit Ammann zu Gersau, und ein Heinrich Kamenzind erwähnt. Während das Geschlecht der Truchseler in Gersau ausgestorben ist, hat sich das Geschlecht der Camenzind bis auf den heutigen Tag lebenskräftig erwiesen. Und so verwundert es auch nicht, dass die 5 bisherigen Regierungsräte aus Gersau allesamt diesem Geschlecht der Camenzind angehören:
    - Camenzind Andreas. geb 31.10.1807/ gest. 8.2.1869
    - Camenzind Damian, geb. 1.12.1828/ gest. 20.7.1912
    - Camenzind Martin (1822-1874)
    - Camenzind Josef Martin, geb 6.2.1863/ gest. 25.7.1927
    - Camenzind Richard, geb. 2.3.1939
 
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er erste Regierungsrat aus Gersau hiess also Andreas Camenzind (1807-1869); er wohnte "im Dorf" und übte das Regierungsratsamt nur von 1852-1856 aus. Sein kurzes 4-jähriges Wirken im Kanton muss ich noch erforschen. 
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er zweite Regierungsrat aus Gersau, Damian Camenzind (1828-1912), wohnte am Rathausplatz und kam schon zwei Jahre nach dem Ausscheiden von Andreas Camenzind in die kantonale Executive. Der Grund für diese rasche Nachfolge eines Regierungsrates aus Gersau lag wohl wesentlich darin, dass der am 18.Mai 1858 gewählte Johann Josef Litschi vom Bezirk Höfe seine Wahl hartnäckig ablehnte, so dass dann am 22. Mai 1858 der erst 30-jährige Gersauer Damian Camenzind gewählt wurde. Damian Camenzind übte sein Amt während 14 Jahren, also bis 1872 aus; von 1868-1870 bekleidete Regierungsrat Damian Camenzind als erster Gersauer das Landammann-Amt. Bei den Erneuerungswahlen von 1872 wurde der liberale Gersauer, erst 44-jährig, nicht mehr gewählt! Nach dieser Wegwahl gab aber der Gersauer nicht auf. Damian Camenzind, der schon mit 22 Jahren zum Bezirksrat gewählt wurde und von 1856-1858 als Bezirksammann dem Bezirk Gersau vorstand, kandidierte erneut für den Kantonsrat, dem er von 1878-1894 angehörte. Im Jahre 1880 wurde er ins Kantonsgericht gewählt, in dem er von 1884 bis 1892 als Vicepräsident wirkte.- Sein Wirken in Gemeinde und Kanton werde ich später eingehender erforschen; zunächst soll auf ein Verdienst dieses vielseitig gebildeten Staatsmannes hingewiesen werden: Regierungsrat Damian Camenzind verfasste 1862 eine auf Geschichtsquellen abgestützte "Geschichte der Republik Gersau". Zu diesem Thema sprach er an der Jahresversammlung des Historischen Vereins der V Orte in Gersau, und von daher verwundert es nicht, dass Damian Camenzind im Jahre 1877 Mitbegründer des Historischen Vereins des Kantons Schwyz wurde. In seiner Regierungszeit (1858-1872) erlebte Gersau Aufschwung (Tourismus) und Niedergang in der Wirtschaft. Dies kann auch daraus ersehen werden, als im Jahre 1870 der Bezirk Gersau 2274 Einwohner zählte, im Jahre 1880 waren es nur noch 1775. Wenig konnte ich im Augenblick über Regierungsrat Martin Camenzind (1822-1874) erfahren. Er folgte bei den Wahlen 1872 auf den ausgeschiedenen Damian Camenzind, trat aber schon am 26.November 1872, wenige Monate nach der Wahl in den Regierungsrat, aus gesundheitlichen Gründen vom Regierungsratsamt zurück. Nur zwei Jahre später, mit 52 Jahren, starb Martin Camenzind. 
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er vierte Gersauer Regierungsrat hiess Josef Martin Camenzind (1863-1927), wurde 1912 in den Regierunsgrat gewählt und verstarb im Amt am 25.Juli 1927. Der konservative Josef Martin Camenzind stand dem Schul-, Armen- und Vormundschaftswesen und eine Amtsdauer der Direktion des Innern vor. In den Jahren 1920-1922 bekleidete er das Amt des Landammanns. Aus Zeitungsberichten (Einsiedler Anzeiger vom 3.8.1927 und Schwyzer Zeitung vom 29.7.1927) kann u.a. folgendes entnommen werden:Josef Martin stammte aus der Landschreiberfamilie Camenzind (Klösterli), wurde mit 21 Jahren Nachfolger seines gleichnamigen Vaters im Landschreiberamt und im Notariat; daneben wirkte er in der Gemeinde als Präsident der Genossame. Im Jahre 1900 wurde er in den Kantonsrat gewählt, den er 1910 präsidierte. Im Nekrolog in der Schwyzer Zeitung vom 29.Juli 1927 steht:" Die ungewöhnlich rasche Auffassungsgabe, ein klarer Verstand und die überaus reichen, vieljährigen Erfahrungen aus dem Verwaltungsleben, wie in der bürgerlichen und strafrechtlichen Gerichtspraxis machten den in freier Volkswahl Erkorenen zum vorzüglichen Regierungsratsmitglied". 
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eit dem 5. April 1992 hatte Gersau , nach 65 Jahren, wieder einen Regierungsrat: Camenzind Richard (geb. 2.März 1939). Richard Camenzind war Regierungsrat von 1992 bis 2000 und war von 1998 bis 2000 Landammann. Er stand dem Departement des Innern. Der typische Gersauer ist dynamisch und leistungsstark, konsequent und zugleich menschlich, zielgerichtet und offen. Der Historiker hütet sich aber davor, über die Amts- und Führungstätigkeit von Regierungsrat Richard Camenzind  zu urteilen; dies wird dereinst von Geschichtsforschern des 21.Jahrhunderts vorgenommen. Aber  eines kann jetzt schon festgehalten werden; das Landammann-Amt krönte die Regierungstätigkeit des 5. und sicher nicht letzten Gersauer Regierungsrates. 

Verfasser: Albert Müller-Schmid Zug/Gersau